Johann Sebastian Weihnachtsoratorium BWV 248 Kantaten I – III in einer bisher einmaligen Aufführung in der Taborkirche

Als 1936 zum ersten Mal das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach in einem Gotteshaus außerhalb der Kirchen in der Leipziger Innenstadt aufgeführt wurde, war dies ein viel beachtetes Novum. Und am 07.12.2024 gab es in der Taborkirche wieder eine Premiere.

Die Aufführung stand im Zeichen der Kooperation mit dem inklusiven Projekt „Sing & Sign e.V“. Das ist ein inklusives Ensemble, das klassische Musikkultur mit der Gebärdensprachkultur kombiniert. Hierzu werden Musik und Text in Gebärdensprache übersetzt und damit sichtbar gemacht. Der wichtigste Aspekt ist, dass hörbehinderte und hörende Menschen gemeinsam agieren, von der Programmentwicklung, über die Organisation bis zur Umsetzung. Das Ensemble wurde 2017 von der Sopranistin Susanne Haupt gegründet und hat gegenwärtig ca. 20 Mitglieder. Neben Hörbehinderten gehören auch Seh-, Lern- und Gehbehinderte dazu.

Bereits eine Dreiviertelstunde vor Beginn warteten die ersten Musikfreunde vor dem Hauptportal auf Einlass in die Kirche. Und der Ansturm der Besucher war enorm. In den letzten zehn Minuten vor 17.00 Uhr wurden sie auf die Orgelempore geleitet, da die Platzkapazität im Kirchenschiff so gut wie erschöpft war.

Nach dem Glockengeläut herrschte andächtige Stille, als die Taborkantorei und das Mendelssohn Kammerorchester unter Leitung von Kantor Andreas Mitschke das Weihnachtsoratorium mit „Jauchzet, frohlocket …“ einleiteten. Die behinderten Menschen, unter der künstlerischer Regie von Susanne Haupt (Sopran), der musikalischen Leitung von Diogo Mendes (Bass) und der Deafperformer-Regie von Andrea Schmetzstorff verblüfften das Publikum mit ihrer Hingabe. Sie harmonierten auch prächtig mit Simone Hirsch (Alt) und Florian Michels (Tenor). Besonders beeindruckend ist die Transformierung der Texte in die Gebärdensprache, die oftmals viel ausdrucksstärker und gefühlsbetonter als das gesprochene Wort empfindbar sind.

Die Musikfreunde zollten allen Akteuren nach dem Finale der Darbietung ihre Hochachtung und applaudierten stehend. Zahlreiche Besucher bedankten sich bei der Verabschiedung am Ausgang für das Musikerlebnis.

Nach dem Konzert war auch noch die Möglichkeit gegeben, mit den Hauptakteuren von „Sing & Sign e.V.“ ins Gespräch zu kommen, dass von einigen der Gäste ausgiebig genutzt wurde. 

Text und Fotos: Lothar Kurth